www.baylisascaris.de - ein Service der Tierarztpraxis Biron in Düsseldorf
Diese Webseite soll der Information und Aufklärung dienen. Sie ist an Halter von Waschbären und Stinktieren, sowie deren Tierärzte gerichtet. Eine direkte Verlinkung von www.baylisascaris.de ist erwünscht, eine Verwendung von Inhalten dieser Seite (Texte sowie Bilder), auch auszugsweise oder in abgeänderter Form ist nicht erlaubt.
Warum diese Seite?
Die private Haltung von Waschbären (Procyon lotor) und Stinktieren (Mephitis mephitis) nimmt zu, jedoch herrscht eine besorgniserregende Unaufgeklärtheit über die Zoonosegefahr (Zoonose=vom Tier auf den Menschen übertragbare Krankheit) gerade dieser Tiere, selbst unter den betreuenden Tierärzten.
Von Tollwut, Flöhen und Infektionen von Kratz- und Bißwunden abgesehen, ist es insbesondere die Gefahr durch Spulwürmer, auf die hingewiesen werden muß.
Was ist Baylisascaris?
Spulwürmer oder Rundwürmer (Askariden) sind von vielen Tierarten (z.B. Toxocara canis des Hundes, Toxocara cati der Katze etc.), wie auch vom Menschen (Toxocara lumbricoides) bekannt. Manche Arten können eine beachtliche Größe erreichen (bis 20 cm) und ihrem Wirt durch Nährstoffentzug und die Bohrgänge der Larven großen Schaden zufügen. Viele Askariden, wie auch die Gattung Baylisascaris haben noch eine weitere unangenehme Eigenschaft. Werden infektiöse Eier aufgenommen, schlüpft die Larve und wandert im Körper ihres Wirtes zu ihrem Zielorgan. Dort kann sich die Larve zum Wurm entwickeln und Eier produzieren, die der Wirt dann ausscheidet. Werden diese Eier jedoch von einem Fehlwirt, also nicht der Tierart an die der Parasit angepaßt ist (beispielsweise Baylisascaris procyonis für den Waschbär, Baylisascaris columnaris für den Skunk oder auch Baylisascaris melis für den Dachs), sondern einem anderen Tier oder Menschen aufgenommen, entwickelt sich zwar die Larve, jedoch irrt sie in der "ungewohnten" Umgebung umher (Larva migrans), gräbt sich quer durch den Körper und kapselt sich an irgendeiner Stelle ein. Dabei können sie in die Leber, das Auge oder das Gehirn geraten und ernstzunehmende Schäden anrichten.
Somit stellt der Kontakt mit Waschbären und Stinktieren auch für den Menschen eine Risikoquelle dar, denn eine Infektion der Tiere mit Baylisascaris und somit ein Ausscheiden der Eier ist keine Ausnahme, sondern die Regel. Verschiedene Untersuchungen von wildlebenden Populationen haben auch in Deutschland je nach Bundesland eine Durchseuchung von bis zu 70 Prozent ergeben (Gey 1998).
Von den in meiner Praxis vorgestellten Tieren, bzw. eingesandten Kotproben sind etwa die Hälfte positiv.
Wie infiziert man sich und wie kann eine Infektion beim Tier diagnostiziert und behandelt werden?
Nach dem Ausscheiden der Eier entwickelt sich innerhalb von zwei bis vier Wochen die Larve, womit die Eier dann "embryoniert" und infektiös sind. Für eine Infektion müssen die Eier oral aufgenommen werden. Dies geschieht meist indirekt nach Kontakt mit dem Fell der Tiere oder aber mit Gegenständen oder Gehegeeinrichtungen. Auch nach Betreten der Gehege können Eier in Wohnräume verschleppt werden. Die Tiere infizieren sich ebenfalls über die orale Aufnahme, wobei dies auch durch Verfütterung von rohem Fleisch oder Nagern geschehen kann.
Eine Infektion beim Menschen ist wegen des Mangels ausgeschiedener Eier schwer nachweisbar. Die Symptome werden oft fehlgedeutet. Sollten Sie Krankheitssymptome bei sich selbst feststellen, seien es auch "nur" Übelkeit und Erbrechen oder aber Schwindel, Wahrnehmungs- oder Koordinationsstörungen, klären Sie Ihren Arzt über eine eventuelle Spulwurminfektion auf (weiterführende Literatur siehe unten).
Im Kot infizierter Tiere sind die Eier jedoch relativ leicht nachzuweisen. Allerdings werden Eier nicht kontinuierlich ausgeschieden und bei infizierten Jungtieren oft erst nach einer Präpatenzzeit von bis zu 80 Tagen. Daher ist eine einfache negative Kontrolle nicht aussagekräftig. Der Kot sollte durch einen Tierarzt mehrfach über mehrere Monate im Abstand von zwei Wochen nativ sowie im Flotationspräparat untersucht werden. Sammelkotproben können die Trefferquote erhöhen.
Erst nach mehrfacher negativer Kontrolle kann die Quarantäne aufgehoben werden. Bei einem positiven Befund ist eine Entwurmung nach einem speziellen Schema durchzuführen. Nicht alle gängigen Mittel besitzen eine gleichwertige Wirksamkeit. Auf die Nennung von Wirkstoffen und deren Dosierung wird an dieser Stelle verzichtet, um Medikamentenmißbrauch zu vermeiden und die richtige Durchführung der Therapie sicherzustellen. Diese muß vom Tierarzt, der die Parasiten nachgewiesen/nachweisen lassen hat, verordnet und nach dessen Anweisung vorgenommen werden. Der Therapieerfolg muß in jedem Fall, wie oben beschrieben, mehrfach kontrolliert werden. Kotuntersuchungen sollten danach mindestens vierteljährlich gemacht werden, um eine eventuelle Reinfektion, oder einen Befall mit anderen Parasiten aufzudecken.
Wie kann die Umgebung desinfiziert werden?
Neben der medikamentellen Behandlung ist natürlich auch die Reinigung der Umgebung vonnöten. Diese stellt sich als äußerst aufwendig dar, denn typisch für Askarideneier ist eine doppelschichtige, widerstandsfähige Hülle, die durch die meisten Desinfektionsmittel unberührt bleibt und dem Parasiten einen idealen Schutz bietet. Unter günstigen Bedingungen können die klebrigen Eier, die millionenfach mit dem Kot ausgeschieden werden über Jahre infektiös bleiben und lassen sich mechanisch nur schwer entfernen.
Eine sichere Desinfektion ist meist nur durch Entsorgung aller Gegenstände, mit denen das Tier Kontakt hatte, dem Abtragen des Gehegeuntergrundes sowie einem intensiven Abflämmen aller Oberflächen möglich.
Unempfindliche Oberflächen können nach ausgiebieger Reinigung mit einer 1:1 Mischung Xylol und Ethanol behandelt werden, eine Behandlung mit Chlorbleiche kann die klebrige Proteinhülle der Eier entfernen. Dadurch sind die Eier zwar weiterhin infektiös, können aber leichter mit herkömmlichen Reinigungsmethoden entfernt werden. Durch Hitzeeinwirkung (Dampfstrahler, kochendes Wasser, Autoklav, Gasbrenner) können die Eier zerstört werden.
Besonders erschwert bis unmöglich wird die Desinfektion leider, wenn das Tier nicht in einem artgerechten Gehege, sondern als Haustier in der Wohnung gehalten werden soll und zum Zeitpunkt der ersten Untersuchung schon engen Kontakt mit den Haltern und anderen Personen, oft sogar Zugang zu Küche, Schlaf- und Kinderzimmer hatte.
Wie kann eine Infektion vermieden werden?
Der direkte Kontakt mit dem Tier, sowie der Freigang in Wohnräumen sollte zur Verringerung des Infektionsrisikos von Anfang an vermieden werden. Wie bei allen Tieren sollten eine Quarantäne von mindestens sechs Wochen, sowie gründliche parasitologische Untersuchungen der Umsetzung in das Gehege vorausgehen. Das Gehege selbst sollte ausbruchssicher und weitestgehend unzugänglich für Haustiere und wildlebende Tiere sein. Direkter Kontakt mit den Tieren sollte vermieden werden, die für die Reinigung der Gehege verwendeten Werkzeuge, Gummistiefel Werkzeuge sollten nur für dasselbe verwendet und auch dort gelagert werden. Wegen der zunehmenden Verbreitung von verwilderten Waschbären in Deutschland ist in Gebieten, in denen diese Tiere vorkommen, der Kontakt insbesondere durch Kinder mit Fäzes dieser Tiere zu vermeiden. Waschbären sollten weder gefüttert noch gestreichelt werden.
Sollte, insbesondere bei Tieren, deren Parasitenfreiheit nicht sicher ist, doch direkter Kontakt vonnöten sein (wie z.B. der tierärztlichen Untersuchung), sind Einweg-Schutzkleidung und Handschuhe zu tragen.
Der Tierarzt kann bei einer allgemeinen Untersuchung des Tieres gegebenenfalls andere Krankheiten oder deren Anzeichen feststellen, eine Ernährungs- und Haltungsberatung sowie die nötigen Impfungen (Tollwut, Staupe) durchführen. Bei der Abgabe von Tieren (privat oder durch den Handel) ist auf die Zoonosegefahren und nötigen Maßnahmen hinzuweisen, auch wenn erwartet werden sollte, daß sich Halter vor der Anschaffung eines Tieres ausreichend kundig machen. Werden diese Vorgaben nicht erfüllt, kann nicht von einer verantwortungsvollen Tierhaltung gesprochen werden. Die tierärztliche Betreuung dient somit nicht nur dem Schutz der Gesundheit des Tieres, sondern auch der des Menschen.
Wo können Kotproben untersucht werden?
Der Tierarzt kann Kotproben entweder selbst untersuchen oder an ein entsprechendes Labor einsenden.
Sie können die Proben auch per Post direkt an meine Praxis senden, wo sie vor Ort untersucht werden.
Diese Proben sollten gut verpackt sein (z.B. zugeklebte Filmdose in Polsterversandtasche), um die Untersuchungstauglichkeit zu erhalten und Unannehmlichkeiten für den Postboten oder Empfänger zu vermeiden. Eine bohnengroße Menge (ca. 2g) ist ausreichend. Legen Sie bitte das komplett ausgefüllte Untersuchungsformular bei und überweisen Sie die Gebühren von 10 Euro pro Probe. Das Ergebnis wird Ihnen nach Eingang der Untersuchungsgebühr telefonisch mitgeteilt.
Die gegebenenfalls nötigen Medikamente können aus arzneimittelrechtlichen Gründen nicht versandt werden. Sie erhalten diese dann bei Ihrem Tierarzt, der sich bezüglich der aktuell optimalen Medikationen nötigenfalls mit mir in Verbindung setzen kann, oder können Sie in meiner Praxis abholen.
Formular zur Einsendung von Kotproben
Weiterführende Links / Veröffentlichungen:
Baylisascaris factsheet, Centers for Disease Control
Baylisascaris procyonis: An Emerging Helminthic Zoonosis, Sorvillo et Ash et al. 2002
Baylisascaris larva migrans, Kazacos et Boyce 1989
Baylisascaris procyonis in dogs, Bowman 2000
Die Diagnostik der Toxocara-Infestationen und der Toxokarose des Menschen, Auer et Aspöck 2006
Untersuchungen zur Raumnutzung des Waschbären im urbanen Lebensraum am Beispiel der Stadt Kassel (Nordhessen), Michler 2003
Weitere Informationen erhalten Sie in der einschlägigen human- und veterinärmedizinischen Fachliteratur sowie im Internet.
Weitere Hinweise:
Die bei der Haltung und Zucht von Skunks oft erwünschte Entdrüsung wird in meiner Praxis nicht durchgeführt. Sie würde als Verstümmelung ohne medizinische Indikation einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz (TierSchG §6) darstellen und ist in Europa verboten. Bitte berücksichtigen Sie dies, bevor Sie sich Stinktiere anschaffen, oder selbige zur Zucht einsetzen.
Anmerkungen und Kommentare empfange ich gerne unter
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